Lagebericht aus der Lobau
Neuigkeiten & Erwiderungen


Unser Widerstand gegen die Probebohrungen in der Lobau, die wir als Beginn der Bauarbeiten für die Lobau-Autobahn sehen, geht ungebrochen weiter.

Die beiden in der Au befindlichen Bohrgeräte werden nach wie vor bewacht, die Zufahrten und andere neuralgische Punkte auch. Heute hat uns dabei auch eine Gruppe engagierter Klosterneuburger unterstützt, die mit dem Rad gekommen waren. Die Umweltfreunde aus Klosterneuburg haben ja kürzlich selber einen Kampf gegen ein unsinniges Straßenprojekt geführt und kennen die Allmacht der Politiker aus eigener Erfahrung (http://unser-klosterneuburg.org/).

Es ist bisher kein weiteres Bohrgerät in die Lobau gekommen und auch keines der beiden im Nationalpark konnte seine Arbeit aufnehmen.

Die Stimmung ist friedlich, Wachpersonal, Arbeiter und AktivistInnen gehen recht freundlich miteinander um.

Weniger freundlich ist die Drohung des Groß Enzersdorfer Gemeinderats Rudolf Fischer (F), die er gegenüber der Wiener Zeitung vom 30.11. äußerte: „Ich kann mir eine Bürgerwehr, die diese Besetzer gleichsam zum Teufel jagt, sehr gut vorstellen." In dasselbe Horn stößt der Wiener FPÖ-Gemeinderat Anton Mahdalik: „Dass eine private Security-Truppe durchgreift, wäre sicher ein nächster Schritt, den man jetzt schon planen soll.“ In welchem Staat leben wir, wenn demokratische, in der Verfassung verankerte Grundrechte zur freien und friedlichen Meinungsäußerung derart abgeschafft werden sollen!

Ebenso erzürnt und erstaunt sind wir alle über die Äußerungen des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl, der gegenüber den Medien verlauten ließ, er spreche nicht mit einer "bunten Mischung international tätiger Berufsaktivisten“ und verstehe nicht, „weshalb er mit Hamburgern oder Londonern Verhandlungen über ein Wiener Bauprojekt führen solle“.

Der Großteil der engagierten AutobahngegnerInnen in der Lobau sind Menschen, die aus den umliegenden Wohngegenden kommen - aus Wien/Essling und Groß Enzersdorf. Auch einige Leute aus anderen Bundesländern, die nicht einverstanden sind mit dem Umgang der österreichischen Politiker mit Umwelt, Nationalpark und den hier lebenden Menschen, haben uns schon besucht und uns ihre Solidarität gezeigt.
Und ja, es gibt tatsächlich auch einige ganz wenige engagierte UmweltfreundInnen, die ursprünglich nicht aus Österreich sind. Muss man denn in Österreich geboren sein, um sich hier Sorgen um seine und unsere Zukunft machen zu dürfen?
Die meisten Menschen in der Lobau haben sich Urlaub oder Zeitausgleich genommen, um für ihre Meinung einzustehen. Manche kommen vor Beginn der täglichen Arbeit vorbei und „schieben Wache“ zwischen 5 und 8 Uhr früh, um danach ins Büro zu fahren. Manche kommen nach ihrer täglichen Arbeit und übernehmen die „Spätschichten“. Studenten opfern ihre vorlesungsfreien Tage, Schüler kommen nach dem Unterricht - manche sogar vorher und eilen dann pünktlich zum Unterricht. Gar nicht so wenige, die täglich in der Au sind, sind auch schon in Pension und treten ebenfalls lautstark und engagiert für ihr Lebensumfeld ein.
Herr Häupl sollte in die Au kommen, bevor er solche Lügen verbreitet.

Immer wieder wird der Protest in der Lobau mit Hainburg verglichen und festgestellt: Die großen Massen sind nicht da. Das stimmt. Dabei werden aber drei Fakten unterschlagen:

Erstens: Die Leute in der Lobau stehen stellvertretend für viele, viele tausend andere da, die in der letzen Zeit gegen dieses Projekt unterschrieben und ihren Protest bekundet haben.

Zweitens: Das Thema ist ein sehr komplexes. Man muss das Projekt Lobau-Autobahn im nationalen und europäischen Zusammenhang sehen. Die S1 ist ja Teil einer internationalen Transitautobahn, die von Danzig bis zur Adria gehen soll. Der Nordosten von Österreich soll, wenn es nach den Planern und Politikern geht, durchzogen werdern von einem großen, dichten Netz an Autobahnen. Kaum jemand sieht diese Zusammenhänge - bei den offiziellen Informationsveranstaltungen der Asfinag werden diese wohlweislich unterschlagen. Ebenso unbeachtet und unerwähnt bleiben Tatsachen wie: Warum plant Österreich in Feinstaubsanierungsgebieten so viele Autobahnen? Wie soll Österreich jemals seine Klimaschutzverpflichtungen erfüllen, wenn der Verkehr regelrecht gefördert wird? Welche wirtschaftlichen Folgen wird es in Zukunft haben, wenn Österreich weiterhin auf eine Politik der Straßen/des Erdöls setzt (Stichwort Peak-Oil)? Und: Österreichs Straßenbau ist mittlerweile genau genommen unfinanzierbar.

Und drittens: Gekämpft wird mit äußerst unfairen Mitteln! Die Stadt Wien schaltet seit vielen Wochen massenhaft Inserate in allen Printmedien, in denen ganz gezielt Falschinformationen zu diesem Projekt transportiert werden (auch nachzulesen unter http://www.global2000.at/pages/lobauinserate.htm), in denen wichtige Faktoren einfach unterschlagen werden und manipuliert so Menschen, die sich bisher nicht oder kaum mit dem Projekt beschäftigt haben. Häupl gaukelt hier auf Kosten der Steuerzahler (!!!) eine Verkehrsentlastung für Wien vor, die sich durch keine Untersuchungen belegen lassen. Ganz im Gegenteil: Im (nicht veröffentlichten - warum wohl?) Monitoring-Bericht zur SUPer NOW sagen sogar Experten der Stadt Wien etwas ganz anderes:
„Kritisch wird vom Monitoringteam, die auf politischer Ebene beschlossenen Korridorführung der S1 als aussenliegende Variante gesehen, da dies völlig im Gegensatz zu den Erkenntnissen und Empfehlungen der SUPer NOW steht. Mit solch einer Korridorführung sind massive negative Auswirkungen auf die verkehrliche Entwicklung im 22. Bezirk zu erwarten und der Trend eines Speckgürtels an der Stadtgrenze durch eine dezentrale Siedlungsentwicklung wird verstärkt werden, der bereits  durch entsprechende Umwidmungen im Umland eingeleitet wurde. Dadurch ist auch nicht zu erwarten, dass die Zunahme der Verkehrsleistungen des motorisierten Individualverkehrs verringert werden kann, sondern es wird vielmehr mit einer starken Zunahme zu rechen sein. Durch die fehlende direkte Anbindung an das zukünftige Stadtentwicklungsgebiet Flugfeld Aspern, wird diese Anbindung durch eine verlängerte B3d (A23) notwendig werden. Die alten Stadtkerne von Aspern und Essling werden nicht wirklich entlastet, sondern es ist eher zu befürchten, dass es vielmehr zu teilweise Verlagerung des Verkehrs auf die Ortskerne kommt. Ungelöst ist auch die Situation des Biberhaufenweges, der im Falle einer Anschlussstelle an die A22 mit massiver Verkehrsbelastung zu rechnen hat. Für den 21. Bezirk entspricht die Entscheidung, die U6 vorerst nicht bis zum Rendevousberg zu verlängern, ebenfalls nicht den Ergebnissen der SUPer NOW.“ (Seite 17)

Nichts desto Trotz: Wir kämpfen unverdrossen weiter und lassen uns von Drohungen nicht einschüchtern!

Bitte unterstützt uns auch weiterhin:

Kommt ins Camp und/oder bleibt für ein paar Stunden (oder auch über Nacht) an einem der neuralgischen Punkte:
- Kasernenbrücken-Zufahrt in Groß Enzersdorf (Lobaustraße entlang am Damm, nach dem Camp die rechts abgehende Straße vor dem Spielplatz)
- Bohrgeräte im Nationalpark: Eines befindet sich in der Nähe des Ölhafens, ziemlich am Anfang des Damms, wo gerade saniert wird, das andere ist von beiden Seiten - aus Groß Enzersdorf und vom Ölhafen her - erreichbar, es sind immer Leute von uns am Nationalparkeingang auf der Ölhafenseite oder im Camp, die wissen, wie man hinkommt
- Nationalparkeingang auf der Ölhafen-Seite
Im Lobau-Camp finden sich immer Leute, die einen zu den angesprochenen Punkten mitnehmen! Fahrrad von Vorteil, aber nicht Vorausetzung. Schlafsack, warme Kleidung, Iso-Matte bitte mibringen, Zelte nötigenfalls vorhanden! Für Essen und Trinken wird regelmäßig gesorgt!

Bitte helft mit bei der Versorgung:
- Bringt den Leuten, die direkt bei den Bohrgeräten in der Au ausharren und dort nicht weg können, etwas zu trinken und zu essen!
- Natürlich sind auch im Camp alle Essens- und Getränkespenden willkommen (Obst, Kaffee, Tee, Wurst, Käse, Milch, Butter, Marmelade, Gemüse, Aufstriche, Kuchen, Kekse etc.)! Es gibt dort auch eine Liste, in der man sich eintragen kann, wenn man an bestimmten Tagen etwas kochen möchte.
- Nach wie vor wird auch dringend Brennholz benötigt!
- Alte Decken, Schlafsäcke und Iso-Matten sind auch sehr willkommen.
- Alte Fahrräder, die noch fahrtauglich sind, können wir auch gut brauchen, um in der Au mobiler zu sein!

Herzlichen Dank wieder einmal an alle, die uns nun schon einige Wochen so tatkräftig auf vielerlei Weise unterstützen!