PRESSEINFORMATION
22. September 2008


„Mensch und Autobahn - das verträgt sich nicht“
so das Resümee einer Veranstaltung zur Lobau-Autobahn

Groß Enzersdorf – Auf Einladung der BürgerInitiative Marchfeld - Groß Enzersdorf (BIM) ging DI Dr. med. Hans-Peter Hutter dem Thema des Abends „Autobahn her - Gesundheit hin?“ in einem interessanten Vortrag auf den Grund.

Die geplante Lobau-Autobahn soll, wenn es nach dem Willen von Politikern und Planern geht, mitten durch Siedlungsgebiet führen. Autobahnknoten, Zu- und Abfahrten, Abgasbauwerke, Zubringerverkehr direkt neben Kindergärten, Schulen und Einfamilienhäusern, so könnte die Zukunft von Essling und Groß Enzersdorf aussehen. Um zu wissen, dass das der Gesundheit nicht zuträglich sein kann, braucht man kein Medizinstudium. Wie aber sehen die konkreten Gefahren aus?

DI Dr. med. Hans-Peter Hutter, tätig am Universitätsinstitut für Umwelthygiene und Vorstand des Vereins "Ärztinnen und Ärzte für eine gesunde Umwelt“ erläuterte in seinem Vortrag die handfesten Folgen für Menschen, die in der Nähe von dicht befahrenen Straßen leben. Allein eine erhöhte Feinstaubbelastung bringt an kurzfristigen Effekten vermehrten Husten, häufigere Bronchitis und Asthmaanfälle, eine Verschlechterung der Lungenfunktion und einen Anstieg von Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit sich. An langfristigen Effekten gibt es eine massive Beeinträchtigung des Lungenwachstums zu beobachten, einen Anstieg an Lungenkrebs und generell eine kürzere Lebenserwartung. Das Herzinfarktrisiko ist um 30 % höher, der generelle Medikamentenverbrauch wesentlich erhöht, wenn man in einer verkehrsreichen Gegend lebt. Feinstaub sei aber nicht der einzige Schadstoff, ebenso fatale Folgen haben andere Schadstoffe wie z.B. Stickstoffdioxid oder die Belastung durch Lärm.

Dr. med. Doris Kreuzer, Allgemeinmedizinerin mit einer Praxis in Groß Enzersdorf, meinte in Bezug auf die derzeit schon unerträgliche Belastung durch den Fluglärm: „Wir haben hier schon genug Lärm. Ich kann mit den Patienten bei offenem Fenster nicht einmal mehr sprechen." Groß Enzersdorf ist nicht nur vom Lärm betroffen, sondern auch ausgewiesenes Feinstaubsanierungsgebiet. Dr. Kreuzer auf die Frage, wie es derzeit mit typischen Folgeerkrankungen aussieht: „Ich bin seit 17 Jahren in Groß Enzersdorf, seither sind Lungenkrankheiten sehr stark zunehmend."

Dr. med. Kambis Atefie, Allgemeinmediziner und Arbeitsmediziner, und ebenfalls am Podium meinte dazu: "In Wien ist eine massive Zunahme an asthmakranken Kindern und sogar Säuglingen in schwer vom Verkehr belasteten Gebieten zu verzeichnen. So etwas gab es früher überhaupt nicht." Dass man eine Autobahn so nahe an Schulen und Kindergärten zu bauen gedenke, sei ein Skandal. Groß Enzersdorfs Bürgermeister Ing. Huberg Tomsic (SPÖ) erklärte die Absicht der Gemeinde, die prinzipiell die Lobau-Autobahn befürwortet, das Abluftbauwerk „weiter in Richtung Raasdorf zu verschieben“, denn „das sei man den jungen Menschen im Gymnasium schuldig“. Diese Aussage rief im Publikum heftige Empörung hervor: „Und was ist mit den Raasdorfern?“

Nicht nur vor der Autobahn selber, sondern insbesondere auch vor der jahrelangen Baustelle, warnte Dr. Hutter. Es sei mit unerträglicher Staub- und Schadstoffbelastung durch die Maschinen und Fahrzeuge zu rechnen. „Die hören auch nicht um 18 Uhr auf.“

Empörung war auch im Publikum spürbar. Erstens über die Tatsache, dass Groß Enzersdorf neben der massiven Fluglärmbelastung auch noch eine Autobahn zugemutet wird und zweitens über die ungefilterten Abgase. „Ich hatte jahrelang eine kleine Tischlerei, bei jeder kleinen Maschine gab es Auflagen und Vorschriften, überall mussten Filter rein - das kann doch nicht sein, dass das bei solchen Vorhaben nicht genauso sein muss!“, so eine empörte Groß Enzersdorferin.

In der Abschlussrunde wurden die anwesenden Ärzte von Ingrid Erkyn, der Moderatorin des Abends, gefragt, welche Wünsche sie in Bezug auf die Lobau-Autobahn hätten.
Frau Dr. Kreuzer äußerte zwei massive Bedenken gegen die Lobau-Autobahn. Erstens sei die Belastung durch Abgase unzumutbar, zweitens fürchte sie um das Grundwasser, mit dem sie jetzt ihre umweltschonende Heizung betreibt. Dr. Atefie: wünscht sich, dass die Lobau-Autobahn nicht kommt, „das kann den Menschen einfach nicht zugemutet werden“. Und Dr. Hutter wünscht sich „Politiker mit Mut, die sagen ‚wir wollen das nicht’" und „viele Ortschaften mit so engagierten Bürgerinitiativen“. Abschließend - auf die Frage der Moderatorin, ob es technisch überhaupt möglich sei, eine menschenverträgliche Autobahn zu bauen, die klare Antwort von Dr. Hutter: „Mensch und Autobahn, das verträgt sich nicht.“

 

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